Marsala

Die Welt dieser oxidativ-gereiften Weine führt uns in die sizilianische Provinz von Trapani, Alcamo, Pantelleria und Favignana, die von wunderschönen pastellfarbenen Salinen und einem tiefblauen Mittelmeer geprägt sind. Kein anderer Wein verkörpert die Westküste dieser einzigartigen Insel so gut, wie der historische Vino Marsala. Seine Anfänge gehen auf das 18. Jahrhundert zurück und ein schicksalhafter Zwischenfall wollte es, dass wir die Erfindung eines der ältesten und traditionsreichsten Weine Italiens nicht den Sizilianern selbst, sondern einem Engländer zu verdanken haben: John Woodhouse aus Liverpool legte 1773 aufgrund eines Sturms mit seinem Handelsschiff in der sizilianischen Hafenstadt Marsala an. Der englische Kaufmann kam während seiner Rast in den Genuss des lokalen Weines und versetzte die sogleich an Bord gebrachten Weinfässer mit hochprozentigem Alkohol. Diese Anreicherung unterstützte die Haltbarkeit des kostbaren Tropfen, der den klimatischen Bedingungen seines Schiffes bis nach England trotzen musste. Der so durch Zufall erfundene Vino Marsala wurde Englands neuer Elitewein, der den spanischen Sherry und den portugiesischen Madeira schon bald vom Markt drängte.

Die sanft zum Meer hin abfallenden Hügel der sizilianischen Westküste gelten mit ihrem kalkhaltigen Untergrund und der stetigen Meeresbrise als ideales Weinanbaugebiet. Die im Jahre 1969 dort entstandene Appellation Marsala DOC ist einer der ersten Ursprungsbezeichnungen Italiens. Seitdem wird der Marsala Wein nach Farbe, Reifezeit und Süßegrad klassifiziert. Die traditionelle Zugabe von Alkohol und Most führt zu 17 bis 20 Volumenprozent, die den Marsala zu einem Likörwein machen. Die leuchtenden, kräftigen Farben werden von der autochthonen Rebsortenwahl und dem Verschnittverhältnis diktiert. Der goldfarbene Marsala Oro und der bernsteinfarbene Marsala Ambra entstehen ausschließlich aus den weißen Rebsorten Grillo, Cataratto, Damaschino und Inzolia; Marsala Rubino verdankt seine schimmernde rubinrote Farbe den roten Rebsorten Pignatello, Nero d’Avola, Perricone und Nerello Mascalese, sowie einem weißen Rebsortenanteil von maximal 30 Prozent.

Je älter der Wein, desto höher die Qualität

Reifeperiode und Anreicherung klassifizieren den Marsala in fünf Qualitätsstufen: Marsala Fine ist mit einer Reifezeit von einem Jahr stets der jüngste Wein im Handel. Dieser einfache Wein weist einen Alkoholgehalt von 17 Prozent auf. Darauf folgt Marsala Superiore mit einem Mindestalter von zwei Jahren und mindestens 18 Prozent Alkohol. Die Zusatzbezeichnung Riserva bildet nach mindestens vier Reifejahren die dritte Kategorie namens Marsala Superiore Riserva mit ebenfalls 18 Volumenprozent. Diese ersten drei Qualitätsstufen (Fine, Superiore und Superiore Riserva) dürfen mit mosto cotto (eingekochtem Traubenmost), sifone (frisch gepresstem Most) oder mistella (Mischung aus frisch gepresstem Most und Weinbrand) angereichert werden. So entstehen meist liebliche Dessertweine, die mit 40-100g Restsüße pro Liter als Semisecco bezeichnet werden. Alles über 100g Restsüße pro Liter wird hingegen als Dolce klassifiziert. Dass Marsala aber nicht immer süß sein muss, wird in den zwei höchsten Qualitätsstufen deutlich, die von den Sizilianern bevorzugt werden: Während Marsala Vergine eine Mindestreifezeit von fünf Jahren besitzt, muss Marsala Vergine Riserva sogar mindestens zehn Jahre lang reifen. Diese Weine dürfen lediglich mit neutralem Weinbrand angereichert werden und der Alkoholgehalt beläuft sich bei beiden auf wenigstens 18 Prozent. Weil die Zugabe von süßem Most hier strengstens verboten ist, besitzen diese trocken ausgebauten Weine weniger als 40g Restüße pro Liter (secco). Sie sind eindrucksvolle Essensbegleiter, die mit Fischsuppen, Austern oder eingelegten Sardellen ein authentisch-sizilianisches Geschmackserlebnis versprechen.

Oxidative Aromenvielfalt

Jede Marsala-Klasse reift in nicht randvoll gefüllten Holzfässern, um einen konstanten Sauerstoffkontakt zu ermöglichen. Dieser Oxidationsprozess ist bei der Marsala Produktion beabsichtigt, weil er komplexe Reifearomen hervorbringt, die einen einzigartigen, fruchtig-walnussartigen Genuss bescheren. Die typische Salzigkeit erinnert an die weiten Salinen Siziliens und wird von sanften Säurenoten vervollständigt. Die aromatische Vielschichtigkeit und die einzigartige geschmackliche Länge animiert dazu stundenlang das Weinglas zu schwenken. Um den Geschmack der vorherigen Jahre erhalten zu können, werden verschiedene Fässer und Jahrgänge nach dem Solera System miteinander verschnitten. Dank der oxidativen Reifung kann man sich an der geöffneten Flasche im Vergleich zu anderen Weinen sogar wochenlang erfreuen. Dass wir heute solch einzigartige und facettenreiche Marsala Weine genießen können, verdanken wir aber nicht nur John Woodhouse, sondern auch dem beständigen Einsatz qualitätsorientierter Weingüter wie C. Pellegrino, die der historischen Weintradition des Marsala treu geblieben sind.  SUPERIORE.DE